Vorweihnachtszeit ist Spendenzeit. Gestern stand wieder ein Johanniter vor der Haustür und hat gesagt, dass sie Spenden brauchen, aber kein Geld sammeln dürfen. Deshalb soll ich Fördermitglied werden und meine Kontoverbindung angeben, damit sie mir jährlich was abbuchen können. Ich sag dann immer: „Lassen Sie mir ein Formular da, an der Haustür mach ich das jetzt nicht“. Der Johanniter hat geantwortet: „Dann eben nicht. Ich wünsche noch einen schönen Tag.“. Und weg war er. Ich war froh, dass er mich nicht verflucht hat.
Bin ich jetzt schon ein schlechter Mensch, weil ich spontan keinen Dauerauftrag unterschreiben will? Hätte er eine Spendendose dabeigehabt, ich hätt glatt nen Schein reingesteckt. Und das wäre nicht das erste Mal gewesen. Ich hab im Internet nachgeschaut: Da kann man den Johannitern beliebige Beträge spenden. Kann sein, dass dann nicht an die Jungs vor Ort geht, aber das ist wohl ein vereinsinternes Problem. Ich bin ja nicht wie die Rentnerin im Bekanntenkreis, die den Unfallfliegern der Bergwacht spendet, weil sie im Hochhaus wohnt und hofft, im Krankheitsfall ausgeflogen zu werden. Ich überleg mir schon, was ich sinnvoll finde. Und wie viel und wie oft.
Post gab es auch. Ein Brief, auf dem stand: „Wichtige Mitteilung von Ulrich Wickert“. Aha, dachte ich, es geht um Rotwein und französischen Rohmilchkäse. Nein, ich soll eine Patenschaft übernehmen für ein armes Mädchen aus Indonesien. Es liegt ein Kinderfoto bei und ein „Freundschaftsband der Hoffnung“. Also genau genommen ein buntes Bindfädchen, das so dünne ist, dass ich denke: Damit wäre Wolfgang Petri nicht weit gekommen. Freundschaftsbändchen und Kulleraugen und Ulrich Wickert, der sich zusammenreißt und nicht einziges Mal „und jetzt das Wetter“ sagt.
Beim Bäcker kaufe ich ein Brot. Und dann stell ich fest, dass da eine „Ein Herz für Kinder“-Banderole drum ist. Es geht um Spenden. Ich kann nicht mehr. Ich mach dicht. Johanniter und Kinder und wohltätige Brote. Alles innerhalb von 24 Stunden. Ich sag mal so: Wenn ihr eure Spendenanfragen gleichmäßig übers Jahr verteilen, euch nicht so auffällig an Weihnachten dranhängen und mich dabei von Betroffenheitskitsch verschonen könntet – da wäre uns allen geholfen. So. Und jetzt komm ich mir zu allem Überfluss auch noch vor wie Ebenezer Scrooge.
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