134 Millionen Euro Gewinn hat das Nokia-Werk in Bochum 2007 gemacht. Das sind 90.000 Euro pro Mitarbeiter. Klar ist es unsachlich, das so umzurechnen. Aber trotzdem erhellend, dieses „connecting people with the Betriebsergebnis“. Wenn der Oettinger heute der Kanzlerinnen-Union vorwirft, sie hätte die Wirtschaft vernachlässigt und das Soziale überbetont, kommt mir das vor wie der Funkspruch aus einem Parallel-Universum.
Bei Nokia zählt ein Mitarbeiter, der das Fünffache seines Gehalts erwirtschaftet, nicht als Mitarbeiter, sondern als Bremsklotz am Bein, als unrentabler Schmarotzer. Das sind die Deppen, die Telefone zusammenstecken, davon auch noch leben wollen und zu faul sind, nach Rumänien umzuziehen. Erklär mir noch mal einer, warum es jetzt naiv und sinnlos wäre, Nokia zu boykottieren! Wenigstens einen Imageverlust hätten sie doch verdient. Andere Ausbeuter bauen auch schöne Handys!
Gehen wir doch in den Handyladen und sagen „Guten Tag, ich hätte gerne ein Telefon von einer Firma, die mich eleganter verarscht als diese Finnen – die ursprünglich Gummistiefel hergestellt haben, in denen das Betriebsklima sicher genauso gestunken hat wie heute in Bochum!“. Ich bin für kreativen Widerstand, etwa in Form von Nokia-Witzen („Was ist der Unterschied zwischen Nokia und einem Heuschreckenschwarm? Der Schwarm hat keine Hotline!“), Autoaufklebern („Kein Nokia an Bord“) oder Protestsongs (etwa als Reggae: „No Nokia, no cry“).
Auf der Homepage der Firma heißt es zur Unternehmensphilosophie: „Der Mensch steht im Mittelpunkt“. Stimmt natürlich. Aber das tat er bei der Inquisition ja auch.
Es geht bei jedem Erschießungskommando nur um den Menschen. Nur das der dabei aus technischen Gründen nicht in der Mitte steht.
Ich wünsch mir einen Aufkleber:
Betreten mit Nokia verboten.
Kapitalismus (sprich Marktwirtschaft) funktioniert so wie es Nokia jetzt tut. Da sollten wir uns nichts vormachen.
Sorgen macht mir nur die Politik, das die aus dieser Subventionspolitik nichts lernt.
Wir sollten handeln und von Nokia die zu Unrecht gezahlten Subventionen zurück fordern, einen neuen Investor für das Bochumer Werk suchen und die zurück gezahlten Gelder dann dort einbringen. Nur eben nicht noch mehr Gelder locker machen.
Ich mache beim Nokia Boykott mit und kaufe mir kein Nokia Handy. Ich muss es nur bis zum Weihnahtsgeschäft durchhalten, alles Andere ist bei Nokia einkalkuliert.
Ich glaube nur das in 4 Monaten keiner mehr über Nokia spricht und hoffe aber das ich mich irre.
Igor
Der Jahresabschlußbericht steht im Mittelpunkt – nichts anderes! Aber Nokia ist eben im Moment der Laden, der medienwirksam verprügelt wird, obwohl die anderen genauso handeln. Nur wird man da eben, wie du es beschreibst, eleganter verarscht!
@jochen: Aus Perspektive des Zielfernrohrs tut er es selbst da.
@igor: Du kannst Dir auch ein Nokiahandy kaufen und es einfach subversiv hassen.
@roman: Ich finde, medienwirksames Verprügeln schadet keinem, der Dreck am Stecken hat. Heute Nokia und morgen die nächsten, das wäre meine Devise.
Richtig. Aber das jetzt nur auf Nokia gehauen wird ohne die gesamte Dimension des Heuschrecken-Denkens zu sehen – das hilft auch keinem weiter finde ich.
Jetzt wo alle auf Nokia rumhacken muss ich mal loswerden, dass die anderen (auch deutschen) Grossunternehmen auch nicht besser sind. Zum Beispiel die „Deutsche BanK“, die massiv Leute entlässt trotz hoher Gewinne; was ist eigentlich mit dem Beispiel BMW, die Produktionsrekord auf Produktionsrekord einfahren und trotzdem Arbeitnehmer entlassen? Das Perverse ist bei solchen Entlassungsaktionen, dass die Aktienkurse stante pede in die Höhe schiessen und Existenzen vernichtet werden die durch ihre Steuerzahlungen erst möglich gemacht haben, dass die Subventionen an die Firmen gezahlt werden konnten die diese Existenzen nun frei setzen. Die Betroffenen werden dann nach maximal zwei Jahren ALG I nach ALG II(Hartz 4) „bezahlt“. Frei nach dem Motto: Der Gewinn ist für mich, die Kosten trägt die Gemeinheit.“ Oberstes Ziel im ungeregelten Kapitalismus ist nun mal die Gewinnmaximierung(bzw. Umsatzrendite) und wer soll bei der Marktwirtschaft für die soziale Komponente sorgen, die Unternehmen etwa? Dass ich nicht lache und ich lache nicht.
Vor etwas mehr als einem Jahr forderte unser Bundespräsidentendarsteller Köhler bei der Darstellung von Klassikern in deutschen Theatern mehr „Werktreue“; die könnte er auch bei den Heuschrecken in der Wirtschaft einfordern!
Zuerst dachte ich beim Namen Nokia an die Aufforderung eine bestimmte asiatische Automarke nicht zu kaufen NO KIA. Aber da hilft nur NOKI(ng)An Werkstor!